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Am Dienstag dem 26. März um 11:30 ist es soweit, der Skipper brettert mit dem Dinghy in die Shelter Bay Marina und holt 8 Kugelfender und 4 x 50m lange Leinen, die er auf KISU ablädt. Dann sofort wieder zurück, um unsere drei Handliner Mario, Mike und Juan an Bord von KISU zu holen. Für die Kanaldurchquerung werden sie bei uns an Bord leben. Juan ruft auch gleich über Funk die Hafenbehörde auf und bekommt die Mitteilung, dass der Advisor (unser Lotse) um 15:45 per Pilotboot auf der KISU eintreffen werde. Die Zeit bis dahin verbringen die Jungs vorwiegend an ihren Handys und mit Musik hören unter Deck. Sie scheinen begeistert zu sein, dass sie auf einem so ‘grossen’ Schiff sind. Um viertel nach Vier trifft auch unser Advisor Robin auf KISU ein, wir gehen sofort Anker auf und reihen uns in der Fahrbahn mit zwei weiteren Segelbooten zwischen den Tank- und Frachtschiffen ein. Damit beginnt nun unsere 82 Kilometer lange Reise durch den Panamakanal.

Nach etwa einer Stunde Fahrt stehen wir auch schon in der Limón Bay vor der ersten der drei Gatun-Schleusen und sehen zu wie das Frachtschiff, welches vor uns in der gleichen Schleuse liegen wird, an den Zahnradlokomotiven an Land mit Stahltrossen verbunden wird. Dann sind wir drei Segelschiffe an der Reihe. Vor der Schleuse haben wir uns zu einem Dreierpäckchen verbunden, indem wir in der Mitte das ‘Franzosenschiff’ Typ Garcia, links davon eine kleine Beneteau und KISU rechts davon mit Leinen verbinden. So fahren wir in die Schleuse ein und der Advisor auf dem mittleren Boot hat nun das Sagen. Indem die drei Skipper seinen Befehlen folgen, mal leicht vorwärts, oder neutral (sprich: nichts machen) oder gar mit etwas Rückwärtsgang Schub zu geben, versuchen wir die Schiffe in der Mitte der Schleuse zu halten. Unsere Handliner (und natürlich auch die von der Beneteau) fangen die von Land her zugeworfenen Affenfäuste auf, welche sie dann mit den 50m langen Leinen verbinden damit diese wiederum an Land gezogen werden können. Mit auf jeder Seite zwei Handliner an Land und unseren Handliner werden wir so während der Schleusung zusätzlich stabilisiert. Dadurch dass wir in der Schleuse steigen, muss die Leine kontinuierlich angezogen werden. Wenn die erste Schleuse gefüllt ist, öffnet sich das Tor und zuerst fährt das Frachtschiff, dann der Schlepper und zum Schluss unser Dreierpäckchen in die nächste Schleuse weiter. Das ‘Franzosenschiff’ ist typisch Französisch, sprich sie sehen das alles völlig relaxt und machen was sie wollen statt was der Advisor befiehlt, so dass wir ab und zu gefährlich nahe an die Bordwand zusteuern. Nun hat der Skipper auf der KISU bald alle Hände voll zu tun, denn der Advisor hat schnell bemerkt, dass wir mit KISU das Franzosenschiff locker übersteuern können. Einzig die Bordfrau hat den Schoggi-Job erwischt. Durch unsere drei professionellen Handliner (sie sind seit 4 – 6 Jahren bereits Handliner) kann sie gemütlich dem ganzen Treiben zusehen, fotografieren und ab und zu dem Skipper einen Befehl vom Advisor weitergeben (NEIN, der Skipper hört nicht schlecht 😉).
Nachdem wir die 26 Meter dank der drei Schleusen überwunden haben, öffnet sich das dritte Schleusentor und vor uns liegt der künstlich aufgestaute Gatunsee. KISU schwimmt zum ersten Mal in Süsswasser. Üblicherweise wird über Nacht an riesigen Bojen angelegt. Natürlich sind die heute grad irgendwie in Revision und daher gemäss dem Advisor nicht sicher genug. Somit müssen wir ankern. Es ist schon fast dunkel als der zweite Ankerversuch gelingt. Der Advisor wird umgehend vom Pilotboot abgeholt; er hat sich nicht mal die Zeit genommen, die ihm zustehende warme Mahlzeit mit Fleisch (so steht es in den Vorschriften) abzuwarten und mit uns zu essen. Mit ein paar Dosen Bier wird das Essen und der vergangene Tag hinuntergespült und bald darauf hört man auf KISU nur noch leichtes Schnarchen.

Der nächste Tag beginnt mit einem wunderbaren Sonnenaufgang und da wir nur etwa 100 Meter neben dem Ausgang der neuen breiteren Gatun-Schleusen liegen, bekommen wir die riesigen Frachtschiffe sehr imposant zu Gesicht. Auch Kreuzfahrtschiffe tummeln sich vor den Schleusen auf dem See herum.
Erst um 09:30 trifft mit Edward unser heutiger Advisor auf KISU ein. Sogleich heisst es auch wieder Anker auf und wir werden nun die nächsten sieben Stunden von ihm durch die Fahrrinne, dem früheren Flussbett des Río Chagres, dirigiert. Die Fahrrinne umgeht dabei verschiedene Inseln auf dem Gatunsee. Wunderschöne Landschaften gibt es da zu bestaunen und mehr als einmal passieren wir riesige Fracht- und Tankschiffe, welche uns entgegenkommen oder auch mal überholen. Nachdem wir genau 216 rote Fahrrinnen-Tonnen abgefahren haben, stehen wir an der Pedro-Miguel-Schleuse, die den Abstieg zum Pazifik einleitet und in den ebenfalls künstlich aufgestauten, rund zwei Kilometer langen Miraflores-See führt.
Wie am Vortag werden wir in gleicher Reihenfolge zusammengebunden und der Advisor vom Franzosenboot (es war derselbe wie gestern) gibt diesmal die Fahrkommandos gleich an den KISU-Skipper. Weshalb nicht KISU in der Mitte fuhr? Naja, da wir und das Beneteau-boot professionelle Handliner an Bord hatten und die Franzosen ‘nur’ Familie als Handliner, gingen die Advisor wohl auf Nummer sicher. Man kann in den Schleusen wirklich nicht gleichzeitig essen, trinken, fotografieren, miteinander plauschen und noch nebenbei ein Schiff steuern oder Leinen bedienen. Die Franzosen haben das immerhin versucht, wenn auch nicht wirklich erfolgreich 😉

In der Pedro-Miguel-Schleuse waren wir Segelboote vor dem Frachtschiff und da es nun hinunter geht, muss an den Leinen nur ab und zu etwas nachgegeben werden was für die Handliner auch entspannter ist. Nach der Schleuse werden wir im Päckchen über den Miraflores-See gelotst, um danach in die zwei aufeinanderfolgenden Miraflores-Schleusen hineinzufahren. Alles geht auch diesmal gut und als sich das letzte Schleusentor hin zum Pazifik öffnet, ist dies echt ein Gänsehautmoment! Ansonsten bleibt zu sagen, dass das Wasser im Pazifischen Ozean auch salzig und meist blau ist 😊

Nach den Miraflores-Schleusen ging es noch unter der Brücke ‘Puente de las Américas’ hindurch wo wir den Advisor dem Pilotboot übergeben. Da es bereits halb Sieben Uhr abends ist, beschliessen wir im Balboa-Yachtclub an einer Boje über Nacht zu bleiben. Kaum an der Boje festgemacht, werden unsere drei Handliner mitsamt den Fendern und Leinen von einem Boot abgeholt.
Wir wärmen uns noch schnell die Reste vom Mittagessen auf und begiessen die erfolgreiche Kanalpassage und dass wir nun im Pazifik liegen mit einer Flasche Rotwein.

Fazit zur Kanalfahrt:
Dass man unbedingt vor der eigenen Passage bereits als Handliner bei anderen Seglern mitfahren muss, erzählen nur diejenigen, die sich das Geld für die professionellen Handliner sparen müssen/wollen. Noch entspannter als wir mit unseren drei Jungs die Schleusen erlebt haben geht es nicht. Auch sonst konnten uns die Jungs viele Tipps und Hinweise geben und wir hatten eine sehr gute Zeit mit ihnen. Dieses Geld ist aus unserer Sicht sehr gut investiert.
Ansonsten sollte man so eine Panamakanalfahrt unbedingt erlebt haben. Aber einmal reicht 😉

Gaby