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…als man meistens Zweitens denkt.

Am Freitagmorgen haben wir um 08:30 die Leinen gelöst und Porto in stockdichtem Nebel verlassen. Die Sicht war stellenweise 50m und natürlich die Ausfahrt vollgestopft mit kleinen Fischerbooten, welche sich fast selber in ihren Angelleinen verhedderten so viele versuchten zu fischen.
Wir hatten fast eine Woche lang in der Marina am Rio Douro verbracht wo es immer nur ein sehr sanftes schaukeln gab, wenn mal ein anderes Schiff ein- oder auslief. Daher war es nicht verwunderlich dass kaum waren wir auf dem offenen Atlantik draussen mit 2m hohe Wellen, die Bootsfrau nur kurz noch gegen das Aufkommen von Übelkeit ankämpfen konnte, aber die Wellen siegten. Nun denn, sollen die Fische bevor sie bei den Fischern am Haken hängen noch eine Mahlzeit bekommen. Für den Skipper ja nichts Neues, dass er für die nächsten 4 Stunden alleine zurechtkommen muss. Nachdem sich der Nebel dank der Sonne verzog, konnte der Skipper bereits eine Stunde nach unserem Auslaufen die Segel setzen. Und nun lies und staune: diese Segel blieben für die nächsten 27 Stunden abgesehen von ein/zweimal trimmen unverändert so stehen, dank dem das immer genügend Wind von 8 – 14 Knoten war 😊
Nachdem die Bootsfrau etwas weniger grün im Gesicht war, begannen wir abwechselnd Wache zu gehen oder zu schlafen. Dabei hielten wir uns weniger an einen fixen Stundenrhythmus, sondern wenn eines müde war übernahm das Andere.
Den Vogel abgeschossen hat dann am frühen Morgen des nächsten Tages die Bordfrau. Der Skipper hatte sich zur Ruhe begeben, als die unerfahrene Aushilfs-Skipperin die Zeichen auf dem Plotter welche in etwa zwei Stunden auf KISU zukommen würden falsch deutete. Da waren so hübsche Rauten mit einem Anker drin und das gleich sechsmal – drei links und drei rechts, perfekt angeordnet.
Nun, da der Skipper vor seiner Nachtruhe nichts darüber der Bordfrau erklärt hat wird es auch nichts Wichtiges sein: Fehler Nummer 1.
Dass der Skipper nicht damit gerechnet hat das KISU so schnell läuft und wir damit in der Wache der Bordfrau schon dort sein würden: Fehler Nummer 2.
Dass die Bordfrau irrtümlich annahm, dass dies ‘Ankerbahnen’ wären, da sie es mal wieder verschlampt hatte die Darstellung auf dem Plotter stark zu vergrössern (dann hätte es selbst die Blondine gesehen): Fehler Nummer 3.
Den Skipper nicht zu wecken aus seinem wohlverdienten Schlaf: Fehler Nummer 4.
Nicht im Buch welches dieses Zeichen erklären würde nachsehen, weil die Bordfrau nicht wusste wo es zu finden wäre und wegen schwelender Übelkeit nicht lange unter Deck gesucht werden konnte: Fehler Nummer 5.
Wie auch immer, als die Bordfrau zu diesen Zeichen heran segelte, entschied sie sich links davon durchzufahren, wir wollen ja keine ankernden Schiffe stören 😉 Den Skipper liess sie extra noch eine Viertelstunde länger schlafen – Wind und Wellen waren ja mit uns. Als dann der Skipper an Deck auftauchte und die Bordfrau ihn auf die ‘Ankerbahnen’ aufmerksam machte, verschwand der Skipper gleich wieder unter Deck um die Stelle zusätzlich auf der Seekarte sowie auf der elektronischen Karte zu überprüfen.
Upps, die Dame war in einer Traffic-Zone für Frachter unterwegs und als wäre das noch nicht genug, auch noch in die Gegenrichtung! Wir korrigierten dann unseren Kurs recht zügig. Nochmal gut gegangen (alle Frachter waren immer weit weg von KISU gewesen, daher war es der Aushilfs-Skipperin nicht aufgefallen) und die letzte Traffic-Zone querten wir vorschriftsmässig im 90° Winkel. Wir haben jedoch nicht wirklich herausgefunden welche ‘Strasse’ dieser Bahnen nun in welche Richtung gingen, da wir vom Plotter über die Seekarte bis hin zur elektronischen Karte im Bordrechner drei Varianten angezeigt bekamen: entweder 3 Bahnen rauf und 3 Bahnen runter/oder 3 nach Norden, 2 nach Süden und 1 mit Gegenrichtung/und eine behauptete sogar, dass hier gar keine Traffic-Zone sei?!?
Nun hatten wir wieder drei Stunden segeln vom Feinsten und da wir schneller als erwartet unterwegs waren (in 24h – 157 Seemeilen) mussten wir dann sogar noch das Genua reffen damit wir nicht mit dem Gegenstrom in die breite Mündung des Tejo-Flusses Richtung Lissabon einlaufen würden. Etwa auf der Höhe von Cascais nahmen wir die Segel runter und bereiteten mit Fendern und Leinen KISU aufs Einlaufen in den Hafen vor. Den Flusslauf hinauf nahm der Wind dann so stark zu, dass es uns nicht möglich war in den von uns ausgewählten Hafen einzulaufen. Beim nächsten Hafen gleiches Spiel und so entschieden wir uns den Hafen Oeiras anzulaufen. Dies bedeutete aber auch wieder eine Stunde gegen die Strömung zurück zu fahren. Die Strömung war letztendlich so stark, dass wir noch die Genua setzen mussten da unter Motor alleine nur noch ein Vorwärtskommen mit 3 Knoten war und die Strömung würde noch zunehmen. Endlich im Hafenbecken von Oeiras drinnen erklärte uns die Marina per Funk, dass sie keinen Platz mehr für uns hätten. Shit happens!
Schlussendlich landeten wir im Hafen Cascais den wir 3 ½ Stunden vorher passiert hatten und das Ganze noch mit Windböen bis zu 35 Knoten um am Anmeldesteg anzulegen. Netterweise halfen uns zwei Hafenangestellte indem sie unsere Leinen entgegennahmen. Da der Wind uns immer vom Steg wegdrückte, hatte die Bordfrau keine Chance an Land springen zu können. Die Anmeldeformalitäten waren erstaunlich rasch erledigt und wir konnten den uns zugewiesenen Hafenplatz ansteuern an dem bereits wieder ein Marinheiro auf dem Steg wartete um die Leinen anzunehmen und der andere Marinheiro half uns mit seinem Schlauchboot KISU schubsend in die Box hinein zu steuern. Glücklich, 32 Stunden nach dem Ablegen in Porto in Cascais angekommen zu sein gab es den verdienten Ankertrunk, einen kurzen Spaziergang zum Einkaufen in den kleinen aber gut sortierten Einkaufsladen auf dem Hafenareal sowie ein kurzes Abendessen auf KISU. Bereits um 21:00 folgte dann die Nachtruhe, da wir doch etwas erschöpft waren.

Am Sonntag haben wir uns mit viiiiiiel Nichtstun weiter erholt und am Nachmittag dann noch einen ersten Rundgang durch Cascais gemacht. Hübscher Ort aber halt doch nicht Lissabon. Dabei hatte sich die Bordfrau so sehr auf Lissabon gefreut. Da wir wegen Starkwind jedoch eh beschlossen haben bis zu einer Woche in Cascais zu bleiben und Lissabon nur eine halbe Stunde mit dem Zug entfernt liegt, wird es bestimmt einen Tagesausflug dorthin geben. Immerhin haben wir ja als wir den Tejo hinauf fuhren bereits die Brücke über den Tejo gesehen welche doch stark an die Golden Gate Bridge erinnert sowie den Torre de Belèm.
Wir haben aber auch noch vor, uns noch besser auf eine Fahrt über mehrere Tage vorzubereiten und einige Verbesserungen an KISU diesbezüglich durch zu führen, welche uns dann das Leben unterwegs erleichtern sollen. Für eine Zweier-Crew ist es halt doch anstrengender als wenn man zu Dritt ist, wie wir es über die Biskaya waren. Doch wie immer sind wir zuversichtlich 😊

Gaby