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Am Sonntagmorgen schien zwar keine Sonne zum Aufstehen, aber die Innentemperatur in KISU war am frühen Morgen ‘bereits’ 17.5 Grad. Nach einem gemütlichen Frühstück um 10:30 entschieden wir uns dafür, KISU eine Ria weiter zu verlegen. Die Rias in Galicien muss man sich wie die Fjorde in Norwegen vorstellen, nur mit wesentlich wärmeren Temperaturen 😉 Ria ist ein Küstentyp mit einer schmalen und langen, tief in das Land eindringenden Meeresbucht welche mit Inselchen und mit vielen Untiefen gespickt ist, aber auch mit hübschen Ortschaften die wie an den Meeresrand geklebt wirken.
Da wir seit unserer Abreise vor einem Monat in Holland nur in Häfen übernachtet hatten, war nun Ankern in einer Bucht angesagt. Von der Rias de Muros e Noia ging es weiter Südwärts in die Ria de Arousa. Die Fahrt zu der von uns ausgewählten Bucht gestaltete sich wegen obligatem Wind auf Nase unter Motor nicht allzu schwierig. Wir hätten wohl Stellenweise mit Aufkreuzen segeln können aber da wir die Region noch nicht so gut kennen, verzichteten wir aufs Segel setzen. Immerhin möchte ich an dieser Stelle erwähnen, dass die Herren bereits in kurzen Hosen und T-Shirt den ganzen Tag verbringen und die Bordfrau konnte die ausgelehnten Socken frisch gewaschen zurückgegeben. Durch ein sogenanntes ‘Gate’ markiert mit einem riiiiesigen grünen Leuchtturm und einem etwas dezenteren Pfosten in Rot gelangen wir nach Enscada de Ribeira. Hier schmeissen wir den Anker in den mit Algen überwachsenen Meeresgrund und wie von Michael Wnuk immer wieder angepriesen: Rocna-Anker reinwerfen – einfahren – hält! Leider zieht auch hier wieder wie aus dem Nichts Nebel auf und statt das wir die wärmende spanische Sonne geniessen können, wird es schnell herbstlich kalt. Also verziehen wir uns zum Abendessen in KISU zurück und werden da lecker mit Spaghetti an toller Käse/Rahm/Ei/Schinken-Sauce und Tomatensalat von Kurt verwöhnt. Zum Dessert verspeisen wir das ultimativ letzte Pack ‘Eier Cakjes’ (herrlich-leicht-luftige Muffins mit Vanillearoma) aus Holland. Die Herren sind wohl noch ein-zwei Dosen Bier länger wach, während die Bordfrau es vorzieht mit der leicht schaukelnden Schiffsbewegung sanft ins Land der Träume zu wechseln. So ganz tief schlafen wir nicht in dieser Nacht – wir müssen erst noch das Vertrauen in den Anker bekommen, damit wir uns sicher fühlen. Aber das kommt bestimmt noch.

Da wir am gestrigen Tag allzu sehr den Morgen vertrödelt hatten und dadurch relativ spät in unsere Ankerbucht gekommen waren, sollte es diesen Montag etwas früher losgehen. Und wirklich: die Herren krochen schon um 08:00 aus den Federn, anschliessend gab es gleich Frühstück (bleibt einem ja nichts übrig wenn kein WiFi vorhanden ist um den Blick oder 20Minuten online zu lesen 😉) und nachdem die Leinenführung vom Code Zero von der Steuerbordseite auf die Backbordseite verlegt war (zu hinderlich beim Anker rauf- bzw. runterlassen) waren wir schon startklar für die Fahrt nach Sanxenxo unserem heutigen Zielhafen. Die Bordfrau durfte heute unter den wachsamen Augen des Skippers das Ankerauf-Manöver am Steuer durchführen während Kurt für das Einholen des Ankers zuständig war. Leichte Sache, wenn einem jeder Schritt vorgesagt wird, aber ob die Dame das auch alles in der hinteren rechten Ecke des Gehirns gespeichert hat wird sie dann am nächsten Ankerplatz erst beweisen müssen. Mit Null Wind tuckerten wir los um in die Ria de Pontevedra hinüber zu wechseln. Langsam nahm der Wind dann zu bis er 10 Knoten Wind anzeigte und der Skipper damit den Befehl zum Segel setzen gab. Nun sind ja Markus und Kurt inzwischen ein absolut eingespieltes Team dabei und binnen drei-vier Minuten waren Grosssegel und Genua gesetzt und die Bordfrau konnte den Motor ausschalten – genau Zeitgleich als der Wind entschied: ihr könnt mich mal – ich mag heute nicht mehr wehen. Nun denn: Segel wieder einholen und die 17 Meilen nach Sanxenxo motoren. An einem langen Seitensteg konnten wir ein perfektes Anlegemanöver durchführen – dank dem uns diesmal kein Marina-Helfer zur Seite stand und unsere Leinen völlig hirnlos irgendwo hinlegte.
Man merkte gleich, dass hier eher die wohlhabenderen Spanier ihre Ferien verbringen; waren wir doch mit KISU mal eher eines der mittleren Schiffe von der Grösse her und die Motoryachten waren in der Überzahl. Allerdings hatten wir das Glück gleich zwei Volvo Ocean Race Schiffe hier anzutreffen. Das Boot des Teams DONGFENG durften wir direkt an KISU vorbei beim Auslaufen aus dem Hafen bestaunen und auf dem Pier war grad das Boot des Teams MAPFRE im Trockendock (am nächsten Morgen schon wieder eingewassert). Da grad Siesta in der Marina herrschte, genehmigten wir uns erst mal einen ausgedehnten Ankertrunk, meldeten uns dann im Hafenbüro Zwecks dreiseitigem Ausfüllen der spanischen Anmeldeformulare (da nützt es dir nichts, dass du mit Ausdrucken von Crewliste und Versichertenausweis antrabst) aber immerhin konnten wir es an einem kleinen Laptop gleich online ausfüllen. Dafür wollten sie aber auch noch fast die Schuhgrösse wissen. Definitiv war es nun an der Zeit uns ein kühles Cerveza zu genehmigen. Immer wieder herrlich zu beobachten, wie der Skipper und Kurt wie zwei Teenies sofort ihre Handys auf das vom Hafen ausgehändigte Passwort fürs WLAN einrichten und dann für einige Zeit nicht mehr von dieser Welt sind 😊
Das Ablaufen der Strandpromenade und das schlürfen eines Fruchtcocktails im Strandlokal bot die gesamte Palette der mehr oder weniger modischen Highlights der Saison und auf dem Wasser wurden alle möglichen Aktivitäten von Jetski fahren über Parasailing bis hin zu schnödem Segeln ausgeübt. Noch ein kurzer Einkauf im Supermercado, das Aufkommen von dichtem Nebel der eine Stunde später wieder verschwand und dann war es mal wieder an der Zeit die Lokalität fürs Abendessen auszusuchen und mit einer herrlichen Mahlzeit und etwas Vino Tinto liessen wir den Tag zu Ende gehen. Bei KISU war wahrscheinlich um Mitternacht jeder in seiner Koje verschwunden, aber die Nachtlokale in der Hafenanlage beschallten uns mit ihrer Musik bis sechs Uhr früh am nächsten Tag. Erst dann kehrte wirklich Ruhe im Hafen ein.

Unser Dienstags-Tagesziel lag in der Ria de Vigo und hiess Vigo. Kurt verlässt uns hier nach fast drei Wochen mitfahren auf KISU (von Segeln sprechen wir nicht mehr gerne bei unserem Dieselverbrauch). Wir haben nach unserer Motorfahrt im Regen mit Wind auf die Nase nun endgültig das Gefühl, dass der Wind nur darauf wartet, dass wir die Richtung ändern damit er es uns gleichtun kann 😉 Irgendwo sitzt da wer, der sich auf unsere Kosten sehr amüsiert. Dafür bekommen wir aber mindestens einmal pro Tag Delfine zu Gesicht. Heute Morgen gleich nach der Ausfahrt aus dem Hafen Sanxenxo konnten wir ihnen ganz lange bei ihren eleganten ruhigen Schwimmbewegungen zusehen. Da fährt dein Puls gleich runter und du stehst nur noch staunend da und bist dankbar dass du dir das anschauen darfst!
Die etwa dreistündige Fahrt nach Vigo war ansonsten eher unspektakulär, was aber sicher auch an der nebelverhangenen Umgebung lag. Sehr weit konnte man nicht sehen. Dann hatten wir noch das Novum, dass die von uns zuerst ausgewählte Marina keinen Platz für uns hatte. Erst in vier Stunden hätten sie sicher Platz für uns. Naja, solange wollten wir nun auch nicht warten und peilten den Nächsten der insgesamt 4 Häfen in Vigo an. Der hatte einen Platz und so liegen wir nun mit KISU in der Marina Davila und haben zum gefühlten hundertsten Mal das spanische Formular bis hin zur Schuhgrösse im Marina Office ausgefüllt. Die Dame im Office hat dann trotz des handschriftlich ausgefüllten Formulars noch vom Versichertenausweis, dem Flaggenschein und unseren drei Pässen Kopien gezogen. Ja wozu habe ich das jetzt alles ins Formular eintragen müssen??? Die Marina ist sonst ein netter kleiner Hafen, leider mal wieder im Industriegebiet liegend sprich eine halbe Stunde von der Stadt entfernt und mit miserablem WiFi. Auf KISU können wir fast nichts empfangen, wir müssen immer wieder in den WiFi-Raum oben beim Hafenbüro rauf um eine Mail verschicken zu können oder diesen Blog hochzuladen. Aber das dazugehörende Restaurant ist sensationell. Wir haben dort regelrecht diniert am Abend mit herrlichen Muscheln und Fisch (nein, natürlich hat Kurt nur Fleisch gegessen, aber auch das war ‘muy bien’). Nach einem Absacker-Bier auf KISU war dann abgesehen von Schnarchgeräuschen sehr schnell Ruhe auf dem Schiff.

Nun ist Kurt seit heute Mittwochmorgen 08:00 mit Taxi und Zug über Porto auf dem Weg nach Lissabon wo er morgen früh einen Flug nach Hause hat. An dieser Stelle noch mal ein herzliches Dankeschön an dich Kurt, dass du uns die Biskaya-Überquerung erleichtert und auch sonst immer mit deiner Hilfe zur Seite gestanden hast. Die Tage mit dir waren sehr angenehm, lustig und unkompliziert. Tuuusigs Dank!
Wir verbringen den Tag mal wieder mit dringenden administrativen Arbeiten und der einen oder anderen Verbesserung an KISU. Leider ist das Wetter auch heute noch nicht viel besser als gestern aber immerhin hat der Regen aufgehört. Mal schauen was aus dem Tag noch wird…

Gaby